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Freund und Feind: Wasser
Freund und Feind: Wasser
Im Bereich Survival beschäftige ich mich oft mit Berichten zu Touren, die tragisch endeten. Man findet da, unter anderem zum Thema Gewässer, viele Artikel oder ganze Bücher, aus denen hervorgeht, dass es teils absolute Fahrlässigkeit, oder aber einfach nur der Wetterfaktor war, der einer gut ausgerüsteten und vorbereiteten Aktion einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Eine Fehleranalyse und Verbesserung der eigenen Skills ist auf diesem Wege möglich.
In folgender Niederschrift findet man meine persönlichen Umgehensweisen mit der Gefahr, die von Gewässern (Fluss, See, Meer) ausgehen, wobei natürlich auch das Wetter / der Niederschlag eine große Rolle spielt.
Ich habe selber so manches Naturphänomen beobachten und erleben dürfen und auch mit Leuten den Austausch gefunden, die entsprechende Fehler gemacht und überlebt haben. Aus dem paradiesischen Outdoor Trip kann schlagartig ein böses Erwachen entstehen.
Grundsätzlich ist das Wasser für den Menschen eine Lebensfeindliche Umgebung. Wir sind ohne Hilfsmittel nicht in der Lage besonders lange in diesem Element zu überleben. Die Dauer dieses Überlebens hängt von einigen Faktoren ab.
Wie ist meine körperliche Konstitution?
Wie ist meine psychische Verfassung?
Welche äußeren Bedingungen sind gegeben?
Temperatur?
Strömung?
Wetter - insbesondere Wind?
Uferbeschaffenheit?
Tiere, Pflanzen?
Die Faktoren lassen erahnen, wie weitreichend dieses Thema ist und entsprechend möchte ich hier erstmal nur auf die Lagerplatzwahl in Verbindung mit Gewässern eingehen.
Es ist immer wieder verlockend und zunächst romantisch, in direkter Wassernähe sein (Nacht)Lager zu errichten.
Jedoch beginnt hier bereits der Fehler. Insbesondere wenn man in Not geraten ist, braucht es für eine Nacht im Freien Feuerholz und Wasser. An Gewässern findet man jedoch meist weniger trockenes Brennholz las abseits davon. Entsprechend ist es empfehlenswert, seinen Platz dort zu wählen. Der Transport von ein paar Litern Wasser gestaltet sich einfacher, als wenn man das Brandholz zum Fluss transportiert.
Abgesehen davon ist es in Flussnähe meist noch ein wenig kühler und klamm, als abseits davon. So kann es nachts unangenehm werden und das Trocknen von Ausrüstung wird erschwert.
Auch unsere Freunde, die Mücken, Fliegen und co., halten sich bekanntlich gerne in feuchterer Umgebung auf und entsprechend sind diese Gesellen dann auch stärker vertreten.
Bei manch einem kommt es durch Wasserrauschen auch zu erhöhtem Harndrang. Ob dies den nächtlichen „Ausblick“ auf einen Bach, Fluss oder See wert ist, könnte noch jeder selber entscheiden.
Selbst in Europa gibt es zudem noch Gegenden, in denen man an Gewässern ehr auf gefährliche Tiere treffen kann.
Wer all dies in Kauf nimmt um am Wasser zu lagern, der sollte jedoch die folgende Situationen berücksichtigen:
Ein extremes Beispiels: Der Tsunami.
Die Fälle im Indischen Ozean von 2004 und im Pazifik vor Japan 2011 dürften jedem geläufig sein. Ein Erdbeben, teils hunderte Kilometer entfernt, sorgte für verheerende Folgen an den entsprechenden Küsten. Dies sind natürlich relativ seltene Vorfälle, gegen die eine Flucht weit ins Landesinnere u.U. nicht hilft. Aber das Beispiel soll insbesondere eines verdeutlichen: Die Ursache eines Unglücks bekommt man teils nicht mit, während einen die Wirkung hart trifft.
Was hat dies mit unserer Lagerplatzwahl zu tun?
Es muss kein akuter, starker Niederschlag vor Ort herrschen oder ein ersichtliches Unwetter toben, damit ein Bach zum reißenden Fluss wird, oder eine Insel plötzlich im See verschwindet.
Es gibt natürliche und vom Menschen herbeigeführte Ursachen, die weit entfernt sind. Niederschläge, deren Ausläufer man noch nicht mal sieht, sorgen selbst in den trockensten Gebieten der Erde dafür, dass ein Wadi (oberirdisch oder ganz ausgetrockneter Flusslauf) plötzlich, eine mit wahnsinnig hohem Sedimentanteil reißenden Fluss, das Bett bietet.
Der kleine, friedliche Gebirgsbach wird durch eine Schneeschmelze, Lawinen oder gar einem Gletscherabbruch viele Kilometer entfernt unterhalb der Baumgrenze erst spät am Abend oder gar Nachts zum Problem und überflutet das Ufer Meterhoch.
Eine unnatürliche Quelle findet man z.B. dort, wo Staudämme, Talsperren, usw. in Betrieb sind. Es kommt vor, dass ohne Vorankündigung aufgrund von Wartungsarbeiten, Systemfehlern oder auch einfach nur regulär, große Mengen Wasser abgelassen oder angestaut werden.
Es kann so zu zwei Problemen kommen. Steigt das Wasser plötzlich und habe ich mein Zelt auf einer „Robinson Crusoe Insel“ aufgestellt, die nicht besonders hoch über dem Wasserspiegel liegt, so wird das Zelt schlagartig zur tödlichen Falle. Umgekehrt ist es zwar nicht mit Ertrinken verbunden, jedoch ist eine Absenkung des Pegels im Bereich mehrerer Meter möglich und man steht morgens an einer entsprechend hohen „Klippe“ oder aber vor einem langen Weg durch weiches und u.U. sehr gefährliches Sediment, um mit dem Boot zurück ans Wasser zu gelangen. Auch die Erosion kann in dem Fall eine wichtige Rolle spielen.
Hinter der Talsperre kann durch Erhöhung der Abflussmenge ein Bach zum Fluss werden.
Die Beispiele sollen nochmal verdeutlichen, dass der Lagerplatz, insbesondere zum Nächtigen, mit ausreichender Entfernung zum Wasser gewählt werden sollte. Diese Entfernung definiert sich durch die Erhöhung vom Wasserspiegel. Auch in Wüsten sollte man eine Anhöhe aufsuchen, auch wenn nur die geringsten Anzeichen gegeben sind, dass man sich in einem Wadi oder dessen Nähe befinden könnte. Es ist schon vorgekommen, dass sehr erfahrene Guides nicht gemerkt haben, dass sie in einem sehr alten Wadi standen, welches mehrere Jahrzehnte trocken blieb.
Auch an Stränden kommt es schnell dazu, dass das Wasser sich mehr Land nimmt als gewöhnlich. Dafür bedarf es keinem Sturm. Ein sogenannter „Swell“ wird z.B. in der Behringsee durch einen Sturm erzeugt und trifft erst Wochen später auf Hawaii oder an die Westküste der USA, wo die großen Wellen dann von Big Wave Surfern bei strahlendem Sonnenschein genutzt werden.
Zudem sollte man berücksichtigen, dass der Tidenhub sehr unterschiedlich sein kann und natürlich von der Uferbeschaffenheit abhängt. Einerseits sind sehr flache Ufer entsprechend über weite Wege gefährlich. Es gibt immer wieder Tote oder zumindest groß angelegte Rettungsaktionen im Wattenmeer. Dagegen tritt die Flut anderswo fast täglich wie eine Springflut auf und Schiffe, die eben noch im trockenen Sand lagen, befinden sich plötzlich im tiefen Wasser.
Dies sind ausschließlich präventive Maßnahmen. Wird man dann doch von einer Springflut erwischt, so gibt es nur wenig was man tun kann. Gelingt es einem aus seinem Schlafsack, Zelt oder was auch immer ins Nass zu gelangen, so sollte man in erster Linie versuchen die Ruhe zu bewahren und Kräfte zu sparen. Dies kann so aussehen, dass man in einem Fluß die Strömung ein wenig beobachtet und vermeidet mit dem Kopf gegen Steine oder Stämme im Wasser zu prallen. Glatte Steine oder große Stämme lassen sich schlechter greifen als kleinere Äste oder ganze Sträucher / Grasbüchel. Beitreibendes Holz kann einem als eine Art Schwimmhilfe dienen. In jedem Fall sollte man es vermeiden in irgendeiner Form gegen eine Strömung anzukämpfen. Man kann ehr in einer Strömung bis zu einem gewissen Maß etwas steuern, und mit ein wenig Weitsicht an Stellen gelangen, die ein Anlanden vielleicht möglich machen.
Auf einem See gestaltet sich das ganze ebenfalls schwierig. Ist die Insel oder Landzunge abgesoffen und ich bin auf offenem Wasser mit weiter Entfernung zu einem Ufer, so nutze ich auch hier die Begebenheit, falls neben mir Gegenstände auf dem Wasser treiben.
Ob künstliche Gegenstände, Holz oder was auch immer. Alles was oben schwimmt kann mir als Auftriebskörper dienen. Das hat gleich mehrere positive Effekte. Der Körper wird bei kaltem Wasser ein wenig aus selbigem heraus gehoben. Der Kraftaufwand wird verringert. Man hat beide Arme frei um weitere Gegenstände zu sammeln und diese vielleicht sogar zu einem Ponton zu verbinden.
Steht einem überhaupt nichts zur Verfügung, so kann einem die eigene Kleidung ein wenig helfen. Insbesondere Regenjacken oder Hosen sind oft so dicht, dass man die zu-geknoteten Ärmel aufgeblasen bekommt und so eine Schwimmhilfe hat. Der Hauptjackenteil bleibt dabei unter Wasser, so dass keine Luft durch die größeren Öffnungen entweichen kann.
Das regelmäßige Rufen nach Hilfe sollte dabei nicht übertrieben aber keinesfalls unterlassen werden. Wenn einem keine künstlichen Mittel zur Verfügung stehen, so ist das Schlagen mit einem Stock auf die Wasseroberfläche ein Notmittel, welches neben einem Geräusch auch eine optische Wirkung hat, auf die viele Menschen mit einem suchenden Blick reagieren.
Schon bei leichtestem Wellengang ist man von Land oder einem normalen Boot aus, auch auf einem relativ kleinen Gewässer, kaum noch zu sehen. Ein ordentlicher Stofffetzen an einem Ast o.ä. kann zeitgleicht als Schwimmhilfe dienen und zwischendurch angehoben als Signalwimpel genutzt werden.
Hat man weder eine Schwimmhilfe finden können, noch zeitnah die Aussicht gesehen zu werden, so sollte man Kräfte sparen, indem man sich selber relativ viel Auftrieb verschafft. Dazu treibt man mit angelehnten Gliedmaßen und fast gestreckten Beinen mit dem Gesicht im Wasser und erhebt dieses nur noch zum Einatmen. Dies macht nur dann Sinn, wenn das Wasser eine Temperatur hat, in der man nicht schnell auskühlt.
Bei kaltem Wasser kann einem die Muskelbewegung einen kleinen zeitlichen Vorteil verschaffen, wobei im Grunde gilt, dass ohne weitere Kleidung (Neopren oder gar Trockenanzug) die Wassertemperatur der Minutenzahl entspricht, die man noch hat, bevor man aufgrund der Unterkühlung Bewegungsunfähig wird und ertrinkt. Jedoch sind es oft die kleinen Zeiträume, die über Leben und Tod entscheiden und so bilde ich in diesem Falle eine Art Knäuel. Mit an den Bauch angezogenen Beinen bewege ich mich in einer Art Hundekraul und lasse dabei die Hände zu Fäusten geballt um dem Wasser möglichst wenig Oberfläche an meinen Körper zu bieten.